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Palliativpflege: Würdevolle Begleitung am Lebensende

Zusammenfassung

  • Palliativpflege begleitet schwerkranke Menschen am Lebensende
  • Fokus auf Schmerzlinderung und Lebensqualität
  • Ziel: ein würdevolles Leben trotz unheilbarer Erkrankung
  • 24-Stunden-Betreuung ermöglicht Verbleib im eigenen Zuhause
  • Kontinuierliche Versorgung rund um die Uhr
  • Betreuungskraft wird Teil des palliativen Versorgungsnetzwerks
  • Zusammenarbeit mit Ärzten, SAPV-Teams und Pflegediensten
  • Krankenkasse übernimmt Kosten der Palliativversorgung
  • 24h-Betreuung finanzierbar durch Pflegeleistungen und Zuschüsse
  • Bestmögliche Kombination: vertraute Umgebung plus professionelle Betreuung

Palliativpflege bietet in dieser schwierigen Lebensphase einen besonderen Versorgungsansatz, bei dem nicht mehr die Heilung, sondern die bestmögliche Lebensqualität im Mittelpunkt steht. Dieser Beitrag gibt einen umfassenden Überblick über die Palliativpflege in Deutschland, ihre Versorgungsformen, Kosten und wie Betroffene sowie Angehörige Unterstützung finden können.

Was bedeutet Palliativpflege?

Die Palliativpflege widmet sich Menschen, die durch eine schwere Erkrankung oder einen Unfall am Ende ihres Lebens stehen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „pallium“ (Mantel) ab – ein symbolischer Schutzmantel für Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Palliative Care als „einen Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen.“

Wichtig zu verstehen ist der Unterschied zwischen Palliativmedizin und Palliativpflege:

  • Palliativmedizin konzentriert sich hauptsächlich auf die medizinischen Aspekte wie Schmerztherapie und Symptomkontrolle.
  • Palliativpflege umfasst die pflegerische Versorgung und geht auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten ein.

Gemeinsam bilden sie das Konzept der „Palliative Care“ – eine ganzheitliche Betreuung, die physische, psychische, soziale und spirituelle Dimensionen berücksichtigt.

Die vier Dimensionen der Palliativpflege

1. Körperliche Dimension

Im Mittelpunkt steht die Linderung körperlicher Beschwerden. Dies umfasst:

  • Schmerzmanagement: Durch gezielte Medikation und nicht-medikamentöse Maßnahmen werden Schmerzen kontrolliert.
  • Symptomkontrolle: Übelkeit, Atemnot, Erschöpfung und andere belastende Symptome werden gelindert.
  • Grundpflege und Komfortmaßnahmen: Hautpflege, angepasste Lagerung, Mundpflege und andere pflegerische Maßnahmen verbessern das körperliche Wohlbefinden.

2. Psychische Dimension

Die Konfrontation mit dem Lebensende löst vielfältige Emotionen aus:

  • Unterstützung bei Angst und Depression: Durch Gespräche, therapeutische Begleitung und bei Bedarf auch medikamentöse Unterstützung.
  • Verarbeitung der Diagnose: Hilfe beim Umgang mit der eigenen Sterblichkeit und den damit verbundenen Gefühlen.
  • Autonomieförderung: Unterstützung bei Entscheidungsprozessen und der Wahrung der Selbstbestimmung.

3. Soziale Dimension

Der Mensch wird in seinem sozialen Umfeld gesehen:

  • Einbeziehung der Angehörigen: Die Familie wird als Teil des Versorgungssystems betrachtet und erhält Unterstützung.
  • Kommunikationsförderung: Hilfe bei schwierigen Gesprächen innerhalb der Familie und mit dem Behandlungsteam.
  • Alltagsgestaltung: Ermöglichung von sozialen Kontakten und bedeutungsvollen Aktivitäten trotz der Erkrankung.

4. Spirituelle Dimension

Existenzielle Fragen treten in den Vordergrund:

  • Sinnfindung: Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit Lebensfragen und der eigenen Lebensgeschichte.
  • Religiöse Begleitung: Auf Wunsch Vermittlung von Seelsorgern oder spirituellen Begleitern.
  • Rituale und Abschied: Hilfe bei der Gestaltung von bedeutungsvollen Abschiedsritualen.

Versorgungsformen in der Palliativpflege

Je nach individuellem Bedarf und Wunsch stehen verschiedene Möglichkeiten der Palliativversorgung zur Verfügung:

Ambulante Palliativpflege

Die meisten Menschen wünschen sich, ihre letzte Lebensphase in vertrauter Umgebung zu verbringen. Für die häusliche Palliativpflege gibt es verschiedene Unterstützungsformen:

Allgemeine Ambulante Palliativversorgung (AAPV)

Die AAPV wird von ambulanten Pflegediensten durchgeführt. Zunehmend bieten diese spezialisierte Pflegekräfte mit einer Zusatzausbildung in „Palliative Care“ an. Sie übernehmen:

  • Überwachung der Schmerztherapie
  • Versorgung von Portsystemen
  • Spezielle Versorgung von Tumorwunden
  • Psychosoziale Unterstützung
  • Anleitung von Angehörigen

Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV)

Seit 2007 haben Patienten mit besonders aufwändigem Versorgungsbedarf einen gesetzlichen Anspruch auf SAPV nach §37b SGB V. Diese umfasst:

  • Ein spezialisiertes Team aus Ärzten, Pflegekräften und weiteren Fachkräften
  • 24-Stunden-Rufbereitschaft
  • Intensivere medizinische und pflegerische Betreuung
  • Koordination aller Versorgungsleistungen

Die SAPV wird vom Hausarzt oder Krankenhausarzt verordnet und muss von der Krankenkasse genehmigt werden.

Ambulante Hospizdienste

Ehrenamtliche Hospizdienste ergänzen die pflegerische und medizinische Versorgung durch:

  • Psychosoziale Begleitung
  • Gesprächsangebote
  • Unterstützung im Alltag
  • Entlastung der Angehörigen

Stationäre Palliativpflege

Wenn die Versorgung zu Hause nicht ausreicht oder nicht gewünscht wird, stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

Palliativstationen

Als spezialisierte Stationen in Krankenhäusern bieten sie:

  • Intensive medizinische und pflegerische Betreuung
  • Fokus auf Krisenintervention und Symptomkontrolle
  • Durchschnittliche Aufenthaltsdauer von etwa 14 Tagen
  • Tägliche ärztliche Visiten und Anpassung der Therapie

Hospize

Hospize sind eigenständige Einrichtungen, die eine heimähnliche Atmosphäre bieten:

  • Längerfristige Aufenthalte (bis zu einem Jahr)
  • Weniger medizinisch-technische Ausstattung als im Krankenhaus
  • Fokus auf Lebensqualität und würdevolles Sterben
  • Interdisziplinäre Teams inklusive Ehrenamtlicher

Palliativpflege im Pflegeheim

Immer mehr Pflegeheime entwickeln eigene Palliativkonzepte:

  • Integration von Palliativversorgung in die reguläre Pflege
  • Vermeidung von Krankenhauseinweisungen am Lebensende
  • Konzepte für würdige Verabschiedung und Trauerbegleitung

Wer hat Anspruch auf Palliativpflege?

Die Voraussetzungen für eine palliative Versorgung sind:

  • Eine unheilbare, fortschreitende Erkrankung
  • Begrenzte Lebenserwartung
  • Komplexe Symptome, die einer spezialisierten Behandlung bedürfen

Entgegen häufiger Annahmen ist Palliativpflege nicht nur für Krebspatienten gedacht. Auch Menschen mit fortgeschrittenen neurologischen Erkrankungen (wie ALS oder Demenz), Organversagen (Herz, Lunge, Niere) oder anderen lebenslimitierenden Erkrankungen können Palliativversorgung erhalten.

Wichtig zu wissen: Palliativpflege beginnt idealerweise nicht erst in den letzten Tagen oder Wochen, sondern kann parallel zu kurativen Therapien eingesetzt werden, sobald eine unheilbare Erkrankung diagnostiziert wurde.

Kosten und Finanzierung der Palliativpflege

Die gute Nachricht: Die Kosten für Palliativpflege werden größtenteils von den Krankenkassen übernommen.

Kostenübernahme im ambulanten Bereich

  • Allgemeine Palliativversorgung: Wird als Leistung der häuslichen Krankenpflege über die Krankenkasse abgerechnet.
  • SAPV: Vollständige Übernahme durch die Krankenkasse nach ärztlicher Verordnung und Genehmigung.
  • Ambulante Hospizdienste: Für Patienten und Angehörige kostenfrei, finanziert durch Zuschüsse der Krankenkassen und Spenden.

Kostenübernahme im stationären Bereich

  • Palliativstationen: Vollständige Kostenübernahme durch die Krankenkasse als Krankenhausbehandlung.
  • Hospize: Die Krankenkassen übernehmen 95% der zuschussfähigen Kosten, 5% trägt das Hospiz selbst durch Spenden. Für Patienten entstehen keine Kosten.
  • Pflegeheime: Bei anerkannter Pflegebedürftigkeit trägt der Bewohner nur die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, palliative Zusatzleistungen übernimmt die Krankenkasse.

Zusätzliche finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten

  • Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige
  • Verhinderungspflege zur Entlastung pflegender Angehöriger
  • Hilfsmittelversorgung (bis zu 40 Euro monatlich für Verbrauchsmaterial)
  • Steuerliche Entlastungen für pflegende Angehörige

Praktische Tipps für Angehörige

Die Begleitung eines nahestehenden Menschen am Lebensende ist eine herausfordernde Aufgabe:

Vorbereitung und Planung

  • Frühzeitige Gespräche: Sprechen Sie mit Ihrem Angehörigen über seine Wünsche für die letzte Lebensphase.
  • Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Klären Sie diese Dokumente, bevor eine akute Situation eintritt.
  • Unterstützungsnetzwerk aufbauen: Informieren Sie sich über verfügbare Dienste und Anlaufstellen in Ihrer Region.

Selbstfürsorge für pflegende Angehörige

  • Eigene Grenzen erkennen: Akzeptieren Sie, dass Sie nicht alles allein bewältigen müssen.
  • Auszeiten nehmen: Planen Sie bewusst Erholungsphasen ein.
  • Hilfe annehmen: Nutzen Sie Angebote wie Verhinderungspflege oder ambulante Hospizdienste.
  • Austausch suchen: Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen können emotionale Unterstützung bieten.

Praktische Pflegetipps

  • Schmerzbeobachtung: Achten Sie auf Anzeichen von Schmerzen, besonders bei Menschen, die sich nicht mehr äußern können.
  • Mundpflege: Ein trockener Mund ist ein häufiges Problem und kann durch regelmäßige Befeuchtung gelindert werden.
  • Hautpflege: Sanfte Massage mit geeigneten Ölen kann das Wohlbefinden fördern.
  • Nahrung und Flüssigkeit: Respektieren Sie, wenn der Appetit nachlässt – Qualität statt Quantität ist wichtig.

Anlaufstellen und Informationen

Wo bekomme ich Hilfe?

  • Hausarzt: Erster Ansprechpartner für die Einleitung palliativer Maßnahmen
  • Pflegestützpunkte: Kostenlose Beratung zu Pflegeleistungen und regionalen Angeboten
  • Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin: Bietet einen Wegweiser für palliative Einrichtungen (www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de)
  • Krankenkassen: Beratung zu Leistungsansprüchen und Kostenübernahme
  • Hospiz- und Palliativverbände: Regionale Anlaufstellen für spezifische Informationen

Weiterführende Informationen

Für tiefergehende Informationen empfehlen sich:

  • Broschüren der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin
  • Der Palliativ-Ratgeber des beta Instituts (kostenlos erhältlich)
  • Informationsportale der Krankenkassen zum Thema Palliativversorgung

Palliativpflege in der 24-Stunden-Betreuung

Für viele Palliativpatienten stellt die 24-Stunden-Pflege eine ideale Versorgungsform dar, um den letzten Lebensabschnitt in der vertrauten häuslichen Umgebung zu verbringen. Diese spezielle Form der Betreuung bietet besondere Vorteile für Menschen in der palliativen Phase:

Vorteile der 24-Stunden-Pflege in der Palliativversorgung

  • Kontinuierliche Betreuung: Die ständige Anwesenheit einer Betreuungskraft bedeutet Sicherheit und schnelle Hilfe bei akuten Beschwerden oder Krisen.
  • Vertraute Umgebung: Das Verbleiben im eigenen Zuhause mit persönlichen Erinnerungen und gewohnter Atmosphäre gibt vielen Sterbenden Trost und Halt.
  • Individuelle Zuwendung: Eine 1:1-Betreuung ermöglicht ein viel höheres Maß an persönlicher Zuwendung als in stationären Einrichtungen.
  • Flexibilität: Die Betreuung kann genau auf die wechselnden Bedürfnisse des Palliativpatienten abgestimmt werden.
  • Einbeziehung der Angehörigen: Familie und Freunde können jederzeit zu Besuch kommen und in die Betreuung einbezogen werden.

Integration von 24-Stunden-Pflege und Palliativversorgung

Die 24-Stunden-Betreuungskraft arbeitet dabei im idealen Fall eng mit:

  • dem behandelnden Hausarzt
  • einem SAPV-Team oder Palliativmediziner
  • einem ambulanten Pflegedienst (für bestimmte medizinische Maßnahmen)
  • einem ambulanten Hospizdienst (für psychosoziale Begleitung) zusammen.

Die Betreuungskraft selbst übernimmt dabei wichtige Aufgaben wie:

  • Grundpflege und Körperhygiene
  • Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme
  • Mobilisation und Lagerung
  • Beobachtung von Symptomen und Beschwerden
  • Emotionale Begleitung im Alltag
  • Gestaltung einer angenehmen Atmosphäre
  • Entlastung der Angehörigen

Betreuungskräfte, die in der palliativen Phase tätig sind, sollten idealerweise eine Grundsensibilisierung oder Fortbildung für die besonderen Bedürfnisse von Sterbenden haben.

Kostenaspekte der 24-Stunden-Pflege in der Palliativphase

Während die spezialisierte Palliativversorgung von der Krankenkasse übernommen wird, müssen die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuungskraft grundsätzlich selbst getragen werden. Allerdings können folgende Leistungen zur Finanzierung beitragen:

  • Leistungen der Pflegeversicherung bei vorliegendem Pflegegrad
  • Verhinderungspflege
  • Entlastungsbetrag nach §45b SGB XI
  • Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
  • Steuerliche Entlastungen

Die Kombination einer 24-Stunden-Betreuung mit professioneller Palliativversorgung stellt für viele Betroffene die optimale Lösung dar, um die letzte Lebensphase selbstbestimmt und würdevoll in den eigenen vier Wänden zu verbringen.

Fazit

Die Palliativpflege stellt einen wertvollen Ansatz dar, um Menschen mit unheilbaren Erkrankungen in ihrer letzten Lebensphase würdevoll zu begleiten. Sie vereint medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Aspekte und orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen jedes Menschen.

Besonders die Kombination mit einer 24-Stunden-Betreuung ermöglicht es vielen Menschen, bis zuletzt in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Die kontinuierliche Präsenz einer Betreuungskraft bietet Sicherheit und ermöglicht eine intensive Begleitung, die genau auf die Bedürfnisse des Sterbenden abgestimmt ist.

Mit dem Ausbau der ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen in Deutschland haben sich die Möglichkeiten für eine qualitativ hochwertige Palliativversorgung deutlich verbessert. Wichtig ist, dass Betroffene und Angehörige frühzeitig informiert werden und die verfügbaren Unterstützungsangebote kennen.

Die letzte Lebensphase kann – trotz aller Herausforderungen – mit guter palliativer Begleitung zu einer Zeit werden, in der bedeutungsvolle Momente und Beziehungen noch einmal besonders intensiv erlebt werden können. Die Palliativpflege schafft dafür einen schützenden Rahmen, der dem Leben bis zum letzten Atemzug Würde und Qualität verleiht.