+49 781 / 953 80 530

Verhinderungspflege einfach erklärt – Entlastung für pflegende Angehörige

Zusammenfassung

  • Was ist Verhinderungspflege? – Leistung der Pflegeversicherung nach § 39 SGB XI zur Finanzierung einer Ersatzpflege, wenn die Hauptpflegeperson z. B. durch Urlaub oder Krankheit verhindert ist.
  • Leistungsumfang: bis zu 6 Wochen (42 Tage) und maximal 1.685 € pro Kalenderjahr – erweiterbar um bis zu 806 € aus der Kurzzeitpflege (insgesamt 2.418 €).
  • Voraussetzungen: mindestens Pflegegrad 2, häusliche Pflege seit mindestens 6 Monaten und eine bei der Pflegekasse gemeldete nicht erwerbsmäßige Pflegeperson (z. B. Angehörige, Nachbarn).
  • Ersatzpflege möglich durch: Angehörige, Freunde, Nachbarn oder Pflegedienste – abhängig vom Verwandtschaftsgrad unterschiedliche Erstattungshöhen (bis zu 1,5-faches Pflegegeld bzw. 1.685 €).
  • Flexible Nutzung: stundenweise (unter 8 Stunden = keine Anrechnung auf die 42 Tage) oder tageweise – auch am Urlaubsort im In- oder Ausland abrechenbar.
  • 24-Stunden-Pflege: nicht direkt anwendbar, da erwerbsmäßig – aber über den Umweg möglich: Eine Angehörige/Nachbarin als Pflegeperson melden, deren Ausfall dann durch die 24h-Kraft ersetzt wird (Abrechnung über Verhinderungspflege-Budget).
  • Antrag & Abrechnung: kein Vorantrag nötig; Belege und Quittungen können rückwirkend eingereicht werden. Gründe für die Verhinderung müssen nicht nachgewiesen werden.

Wer zu Hause einen Angehörigen pflegt, braucht auch Pausen – wegen Krankheit, Urlaub oder einfach zur Erholung. Dafür gibt es die Verhinderungspflege (auch Ersatzpflege oder Urlaubspflege).

Was ist Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI)?

Die Pflegeversicherung übernimmt Kosten, wenn die eigentliche Pflegeperson vorübergehend ausfällt oder Entlastung benötigt.
Leistungsumfang pro Kalenderjahr:

  • bis zu 6 Wochen (42 Tage)

  • bis zu 1.685 Euro

Voraussetzungen

Damit die Pflegekasse zahlt, müssen diese Bedingungen erfüllt sein:

  1. Pflegegrad mindestens 2 und Bezug von (Anteil) Pflegegeld.

  2. Eine nicht erwerbsmäßige Pflegeperson ist bei der Pflegekasse benannt (z. B. Angehörige, Partner, Nachbar, Freund).

  3. Die häusliche Pflege erfolgt seit mindestens 6 Monaten. Diese Zeiten dürfen unterbrochen sein und können auch vor der Pflegegrad-Einstufung liegen.
    Hinweis: Pflegepersonen können auch nachträglich der Kasse gemeldet oder geändert werden.

Wer darf die Ersatzpflege übernehmen?

Die Höhe der Erstattung hängt davon ab, wer einspringt:

  • Nahe Verwandte bis zum 2. Grad (z. B. Kinder, Eltern, Geschwister): Erstattung bis maximal 1,5-faches Pflegegeld des jeweiligen Pflegegrades.

  • Entfernte Verwandte, Freunde, Nachbarn: bis zu 1.685 Euro.

  • Pflegedienst, Alltagsbegleitung oder ambulante Betreuungsdienste: bis zu 1.685 Euro (auf Wunsch Direktabrechnung mit der Kasse).

Richtwerte für nahe Verwandte bis zum 2. Grad (1,5-faches Pflegegeld):

  • Pflegegrad 2: ca. 474 Euro/Jahr

  • Pflegegrad 3: ca. 817,50 Euro/Jahr

  • Pflegegrad 4: ca. 1.092 Euro/Jahr

  • Pflegegrad 5: ca. 1.351,50 Euro/Jahr

Stundenweise oder tageweise Nutzung

  • Unter 8 Stunden Ersatzpflege am Tag: keine Anrechnung auf die 42 Tage, Budget kann trotzdem genutzt werden.

  • Ab 8 Stunden am Tag: Anrechnung auf die 42 Tage; das Pflegegeld wird für diese Tage in der Regel um 50 % gekürzt.

Verhinderungspflege im Urlaub

Leistungen können auch am Urlaubsort – im In- oder Ausland – abgerechnet werden. Es ist unerheblich, ob die Ersatzpflegeperson mitreist oder vor Ort ist.

Budget erhöhen mit Kurzzeitpflege

Bis zu 50 % des Kurzzeitpflege-Budgets (§ 42 SGB XI) können auf die Verhinderungspflege übertragen werden. So lässt sich das Jahresbudget auf bis zu 2.418 Euro erhöhen.

Verhinderungspflege bei 24-Stunden-Pflegekräften

24-Stunden-Betreuungskräfte (häufig über Agenturen, erwerbsmäßig) gelten offiziell nicht als Pflegepersonen im Sinne der Verhinderungspflege. Eine direkte Beantragung „für die 24h-Kraft“ ist deshalb nicht möglich.
Praktischer Umweg:

  1. Eine Angehörige, Nachbarin oder Bekannte, die regelmäßig unterstützt, wird als Pflegeperson bei der Kasse benannt (nicht erwerbsmäßig).

  2. Fällt diese benannte Pflegeperson aus (Urlaub, Krankheit, Entlastung), kann die 24h-Betreuungskraft bzw. deren Agentur als Ersatzpflege abrechnen.

  3. Dadurch lässt sich das Verhinderungspflege-Budget (und ggf. die Kurzzeitpflege-Aufstockung) für zusätzliche Stunden, Vertretungen oder Mehrkosten nutzen.
    Tipp: Vorab kurz mit der Pflegekasse abstimmen und die Abrechnung klären.

Antrag und Abrechnung

  • Ein vorheriger Antrag ist nicht zwingend notwendig; die Leistung kann auch rückwirkend mit Rechnungen/Quittungen beantragt werden.

  • Reichen Sie Nachweise ein (Pflegedienst-Rechnungen, Quittungen privater Ersatzpflege mit einfachem formlosen Nachweis/Unterschrift).

  • Gründe für die Auszeit müssen nicht angegeben werden.

  • Für eine reibungslose Bearbeitung empfiehlt sich eine zeitnahe Einreichung.

Kurzes Praxisbeispiel (stundenweise Entlastung)

Die Tochter pflegt ihren Vater (Pflegegrad 3). Montags 17–19:30 Uhr übernimmt eine entfernte Verwandte die Betreuung. Da die Vertretung unter 8 Stunden täglich bleibt, wird nichts auf die 42 Tage angerechnet. Das Jahresbudget (1.685 Euro, ggf. auf 2.418 Euro erhöht) kann für diese Stunden genutzt werden; das Pflegegeld bleibt unverändert.

Häufige Fragen (FAQ)

Welche Voraussetzungen gelten?

  • Pflegegrad mindestens 2

  • Benannte, nicht erwerbsmäßige Pflegeperson

  • Mindestens 6 Monate häusliche Pflege (auch unterbrochen möglich)

Wer darf die Verhinderungspflege erbringen und wo?

  • Angehörige, Freunde, Nachbarn, entfernte Verwandte, Pflegedienste, Alltagsbegleitung

  • Einsatz zu Hause oder am Urlaubsort (In- und Ausland)

Macht es einen Unterschied, wer einspringt und wie lange?

  • Ja. Bei nahen Verwandten bis zum 2. Grad ist der Erstattungsbetrag begrenzt (1,5-faches Pflegegeld).

  • Ab 8 Stunden/Tag zählt es auf die 42 Tage; Pflegegeld wird für diese Tage in der Regel halbiert.

Wie wird die tageweise Verhinderungspflege bei nahen Verwandten berechnet?

  • Erstattung bis maximal 1,5-faches Pflegegeld je Pflegegrad.

  • Bei mehr als 8 Stunden/Tag Anrechnung auf die 42 Tage und anteilige Kürzung des Pflegegeldes.

Wie wird die stundenweise Verhinderungspflege bei entfernten Verwandten berechnet?

  • Abrechnung bis zum Jahresbudget von 1.685 Euro (ggf. erhöht auf bis zu 2.418 Euro).

  • Unter 8 Stunden/Tag keine Anrechnung auf die 42 Tage; Pflegegeld bleibt unverändert.

Gilt Verhinderungspflege auch bei 24-Stunden-Pflege?

  • Direkt nein, da 24h-Kräfte erwerbsmäßig sind.

  • Indirekt ja, über den Umweg: Eine nicht erwerbsmäßige Person als Pflegeperson benennen; fällt diese aus, kann die 24h-Kraft/Agentur als Ersatzpflege abrechnen.